Ich geb’s zu: Ich hatte ganz vergessen, über ein unerwartetes Ereignis im vergangenen Jahr zu berichten. Aber es war einfach zu viel los und manches braucht etwas Zeit, um sich zu entwickeln und als – im Nachhinein betrachtet – doch noch erwähnenswert zu erweisen.
Es war schon im September und der Verlust eines Volks durch Räuberei (ja, das ärgert mich immer noch) steckte mir noch tief in den Knochen. Auch heute noch, denn wenn ein Bienenvolk stirbt, ist es nach gängiger Auffassung vieler Imker meist die Schuld des Imkers selbst. So sah es ja damals und kurz vor dem Ende aus:
Ich hätte vielleicht gleich das Flugloch auf eine Breite von 1 bis 2 Bienen verengen sollen. Vertropft und damit fahrlässig Räuberbienen angelockt hatte ich nichts, da bin ich mir sicher. Ich hatte „eigentlich“ schon mit dem Jahr abgeschlossen, war beinahe mit der Sommerbehandlung und dem Einfüttern für den kommenden Winter durch und bereitete mich angesichts der im Handel mehr und mehr auftretenden Lebkuchen und Marzipanbrote auf Weihnachten vor – das Fest der Kalorien und Fettzellen Besinnung und Ruhe – als am späten Nachmittag des 07. September plötzlich das Telefon klingelte und ich einen unerwarteten Anruf erhielt. Die weibliche Stimme klang etwas verzweifelt und fragte:
„Du bist doch Imker, oder? Kannst du mir helfen? Bei mir ist da ein Gesumme und Gefliege im Garten und ich kann nicht mehr auf meiner Liege liegen. Ist das gefährlich? Was kann ich da machen?“
Ja, das fragte ich mich auch, denn die Dämmerung war nah und bis ich dorthin gefahren wäre, war es vielleicht schon (zu) dunkel, das Volk weitergeflogen oder ohne Licht unfähig, den Weg in irgendeine Fangkiste zu finden. Wenn es denn überhaupt Bienen waren und keine Wespen oder Hornissen oder ähnliches. Der Laie wirft da ja manchmal etwas durcheinander. Das Foto war jedoch ziemlich eindeutig:

Nach kurzer Analyse (Imker: ja, inzwischen würde ich das bejahen. Helfen können: ebenfalls ja, vermutlich. Vorbeikommen: Google-Maps zeigt etwa 15 Minuten, also auch ja.) und nach einigen erfolglosen Kontaktversuchen bei örtlichen und weniger örtlichen Imkern, Imkervereinen, der Berufsfeuerwehr und meinem ebenfalls in dieser Richtung vorbelasteten Philipp, der schon beim letzten Schwarmfang dabei war, fuhren wir beide gemeinsam zum Tatort. Ohne Blaulicht, ohne Martinshorn. (Das nennt man heutzutage ja sowieso anders, Ton- und Lichtsignal, Einsatzhorn, Folgetonhorn etc. und wer’s genau wissen will, für den erwähne ich am Rande, dass es auch Tests in Deutschland für Yelp-Signale wie dieses
und auch für Wail-Signale wie dieses
gab…) Wo wir gerade beim Thema sind: nachfolgend ein kleiner Exkurs zum Thema Feuerwehr, Bienenschwarm und dem bislang auch bei mir verbreiteten Irrtum, die Herren in Rot hülfen beim Einfangen:
~~~
Die Karlsruher (Berufs-)Feuerwehr meinte, dass von einem Bienenschwarm auf einem Privatgrundstück grundsätzlich keine Gefahr für das öffentliche Gemeinwesen ausgeht und dass sich auch weder Menschen noch Bienen in einer lebensbedrohlichen Lage befinden.
Das sehen die manchmal, selten, nur ganz vereinzelt gestochenen Entdecker oft anders. Und dass Bienen in wenigen Tagen, wenn nicht gar über die kühle Nacht bis zum nächsten Morgen sterben, wenn sie nicht in eine Behausung umgezogen und gefüttert werden, ist nach heutiger Lesart wohl keine lebensbedrohliche Lage – sie fliegen, bestäuben, summen und leben einfach nicht mehr. Dass außerdem – wie ebenfalls vorgeschlagen – die Imkerinnung und örtliche Imkervereine in so einem „Notfall“ weiterhelfen, aber nur per Fax und E-Mail in ein paar Tagen und ad hoc telefonisch nicht erreichbar sind, scheint ebenfalls unbekannt, aber kein Problem zu sein.
Letztlich helfe ja das Telefonbuch weiter. Sicher. Damit sollen wohl unbedarfte und alleingelassene Finder um sich schlagen oder die Bienen aus dem Garten vertreiben. Denn da findet sich so gut wie gar nichts, außer Insektenbekämpfer und Kammerjäger, die wir da ja nicht wirklich haben wollen. Vielleicht könnte man auch hilfsweise einen Brand legen, damit der Löschzug mit Leiter anrückt.
Ok, die letzten Tipps waren satirisch gemeint und stellen keinen Aufruf zur Nachahmung dar. Ich frage mich nur, warum die Berufsfeuerwehr Karlsruhe noch vor etwa 5 Jahren mit einem riesigen Leiterfahrzeug anrückte, um meine abgeschwärmten Bienen aus dem Baum des Nachbarn in der Nähe zu fischen. Einsparmaßnahmen? Rückbesinnung auf Kernkompetenzen? Oder waren der damalige Einsatzleiter bzw. sein Bruder vielleicht nebenberuflich Imker und dachten sich: „Hey, so ne kurze Übung wäre doch super. Endlich mal wieder ohne Atemschutzmaske auf die Leiter. Das Wetter passt auch und bevor wir den alten Sprit ablassen müssen…“
~~~
Zurück zu unserer Geschichte: Da flogen sie also, rund um das Kopfteil der Liege im Garten und die dort hängende Königin herum. Ein kleines Bienenvölkchen, ein oder zwei Handvoll vielleicht, nicht viel mehr. Wohlgemerkt im September. Weit nach der üblichen Schwarmzeit und „eigentlich“ sollten die schon mitten in der Einfütterung und Varroabehandlung für den Winter stehen. Ihr Imker hat wohl irgendetwas falsch gemacht (zur Schuldfrage s.o.).
Da es in diesem Jahr schon der zweite Schwarm war, den wir gemeinsam gefangen hatten, lief es vergleichsweise routiniert ab und ich war wie immer froh, nicht allein zu sein: Schutzkleidung, Wassersprüher gefüllt, Karton oder Ablegerkasten drunter, einschlagen, warten bis sich alles beruhigt und möglichst 99,9 Prozent im Kasten waren und dann wieder mit Summsel und Brummsel im Kofferraum nach Hause. Ein mulmiges Gefühl, das sich auch nicht bessert, wenn man dreimal nachschaut, ob die Kiste auch wirklich bienendicht ist und die Spanngurte auch wirklich alle fest angezogen sind. Aber vermutlich haben die Tierchen aufgrund der ungewohnten Situation noch mehr Angst als wir.
Zuhause dann das Völkchen aufstellen, mit 2 bis 3 ausgebauten und leeren Rähmchen ausstatten, etwas Flüssigfutter geben und erstmal für 2 Tage geschlossen halten. Danach das übliche Auffüttern und weitere Rähmchen zugeben – hört sich irgendwie an wie ein Kochrezept bei Chefkoch…
Die Varroabehandlung hatte ich diesmal vor lauter Stress vergessen, die macht „man“ ja normalerweise gleich. Aber das wurde im Oktober (Ameisensäure) und Dezember (Oxalsäure) nachgeholt. Der vergleichsweise kräftige Flugbetrieb machte Mut und gab keinen Anlass zur Sorge:
Über den Jahreswechsel und die mal kälteren, mal wärmeren Perioden hinweg, hatte ich dann die 3 Völker stets im Blick. Naja, nicht ganz, förmlich sehen kann ich von zuhause aus nur 2, aber ganz sicher waren mir alle 3 im Kopf.
Damit wir mit den Zahlen nicht durcheinander geraten, habe ich jetzt Namen vergeben. Volk001 heißt künftig „Silke“, Volk002 „Katrin“ und Volk003 „Philipp“. Das bewahrt mich davor, noch allzu viele weitere Völker heranzuholen. Hoffe ich.
Einige Medien hatten ja berichtet, dass „die Imker“ jetzt große Sorgen haben, weil die Völker bei wärmeren Tagen (ab etwa 8 bis 9 Grad) ausfliegen, einige sogar zu brüten beginnen und das Warmhalten der Brut dann unnötig und gefährlich viel Futter verbraucht. Viele, wenigstens die meisten oder vielleicht auch alle Medien pauschalisieren ja gerne, meistens sind es aber nur die berüchtigten „63 Prozent einer Umfrage“. Ich natürlich nicht. Und große Sorgen machte ich mir auch nicht, schließlich waren Silke und Katrin ja im Herbst gut eingefüttert und alle drei Völker im Dezember nochmal mit Oxalsäure gegen die Varroa behandelt worden.
Nahrung und Gesundheit? Check.
Warum sind es „immer“ 63 Prozent bei Umfragen? Keine Ahnung.
Bei Katrin war ich mir nicht ganz sicher. Es war ja nur ein kleines Völkchen und die hatten vor dem Winter noch nicht die nötige Bienenmasse, um ausreichend Futterreserven heranzuholen, zu verarbeiten und zu verdeckeln. Also bekam Katrin im Januar kurzerhand 2 Liter Flüssigfutter per Futterrähmchen direkt an die Wintertraube eingehängt. Das sollte dann zusammen mit dem vorhandenen Rest bis März und Frühlingsbeginn reichen. Statistisch geht angeblich 1 kg Futter pro Wintermonat weg. Die Waage hilft mir dabei bequem, das notfalls täglich zu überwachen. Eigentlich. Ich bleibe dran, wir werden sehen und ihr es lesen.

Und zum Thema „Optimismus bei Reparaturen“ gab es auch Neuigkeiten: Für die nächsten hundert Jahre hat die bekannte Albkapelle ein neues Dach erhalten:


Weil meine eigenen Operationen offensichtlich keine hundert Jahre halten und meine Siebträgermaschine schon wieder durch penetrantes Zischen auf sich aufmerksam gemacht hat – ihr erinnert euch an den Beitrag vom 27. November – galt es „Nägli mit Köpfli“ zu machen und die neurotischen neuralgischen Stellen wurden mit Teflonband abzudichten:

Ach ne, stop. Das war die Heizung, die bekam ein neues Umschaltventil, rechts unten, klein, schwarz, teuer und wie üblich für so „kleine schwarze“ nicht für unter 200 EUR zu haben. Aber unentbehrlich, wenn man nicht nur dauerhaft heißes Wasser oder nur dauerhaft heiße Heizkörper haben will, und es der Heizung völlig wurscht ist, in welche Richtung man Thermostat und Regelung dreht…
Das hier ist das richtige Bild mit den abgedichteten Gewinden:

Ich fress‘ einen Bären, wenn das nochmal…