2022-06-19 Christo hilft bei Bullenhitze…

Frauen sollen ja bekanntlich etwas, um nicht zu sagen sehr viel leidensfähiger sein als wir Kollegen auf der männlichen Seite. Vermutlich ist es deshalb eine Königin und kein König, die die Herrschaft im Bienenvolk ausübt. Und Arbeiterinnern statt Arbeiter, die so ein Volk am Laufen halten. Die männlichen Drohnen sind sowieso regelmäßig nur einmal im Jahr zu etwas zu gebrauchen und selbst dann längst nicht immer und nicht alle. Vor allem nicht so viele. Den Rest des Jahres sind sie als faulpelzige Mitesser eher unnütz. Die männliche Drohnenbrut ist sogar als wahrer Milben-Magnet verrufen, weshalb das Herausschneiden frisch verdeckelter Drohnenbrut oft als Varroa-Behandlung zum drastischen Senken des Varroa-Bestands im Volk empfohlen wird.

Und trotz allem war das Pärchen Christo und Jeanne-Claude sehr erfolgreich, mit Frau und Mann, gemeinsam. Mir sind beispielsweise noch gut die Sonnenschirme (1991), der verhüllte Reichstag (1995), die „Floating Piers“ in Italien (2016), „L’Arc de Triomphe“ (2021) im Gedächtnis. Damals gab es ja noch schöne Nachrichten in den Nachrichten – wirklich inspirierend. Aber Schönheit liegt im Auge des Betrachters und das Auge manches Kunstinteressierten oder -uninteressierten sieht darin etwas unnützes (wie Männer und Drohnen) oder spinnertes (wie Imker, Holzmichel, Jäger und andere mehr)…

Na jedenfalls wollte ich bei diesen Temperaturen etwas für die Mädels tun und hatte voll Inspiration ein paar Gedanken dazu angestellt:

  • Sind diese Temperaturen wirklich ein Problem für ein Volk in unseren Breitengraden? Es gibt doch auch in Griechenland und der Türkei Bienenvölker, die damit sicherlich zurecht kommen.
  • Können Bienen aus unseren Breitengraden überhaupt so mit Hitze umgehen, wie vielleicht die in Südspanien, Süditalien oder Griechenland oder sind das nicht ganz andere Rassen?
  • Haben meine Bienen genug Wasserquellen in der Nähe, um eine eventuelle Notkühlung anzuwerfen?
  • Wie gehen Bienen im Inneren der Beute mit solch hohen Temperaturen um?
  • Ab wieviel Grad schmelzen oder rutschen die Waben im Honigraum ganz oben zusammen, wo sich vermutlich die größte Hitze staut?
  • Wäre die Hitze nicht vielleicht sogar hilfreich gegen die Varroa-Milben, die ja bekanntlich ab 42 Grad Celsius sterben oder zumindest unfruchtbar werden? Sagen zumindest einige Hersteller von Hyperthermie-Produkten zur Varroa-Bekämpfung und im Bienenjournal ist auch ein kurzer Artikel dazu.
  • Sollte ich irgendeine Beschattung aufstellen, damit sie zumindest zwischen 1100 Uhr und 1700 Uhr nicht in der prallen Mittagssonne stehen? Und wenn ja: welche?

Ein paar Fundstellen in bekannten Internet-Foren brachten leider das übliche Bild: Da fragt einer 5 Imker und erhält 8 unterschiedliche Meinungen sowie gratis dazu 100-fach abschweifendes, lächerlich machendes und unnützes Feedback und dann?

Da steh‘ ich nun, ich armer Tor,
Und bin so klug als wie zuvor!
Heiße Magister, heiße Doktor gar,
Und ziehe schon an die zehen Jahr‘
Herauf, herab und quer und krumm
Meine Schüler an der Nase herum –
Und sehe, daß wir nichts wissen können!
(Johann Wolfgang von Goethe)
(Faust (1808), Der Tragödie erster Teil, Szene: Nacht, Faust allein in seinem gotischen Zimmer)

Am Ende und kurz bevor ich an diesem Punkt angelangte, stieß ich auf ein Video eines bekannten Videobloggers in der Nähe von Kiel, der vor ein paar Jahren und wohl immer noch felsenfest davon überzeugt ist, dass nichts zu tun die beste Lösung sei. Er habe sogar in seinen Styroporbeuten noch nie Probleme gehabt, trotz mancher Bullenhitze.

Nichts tun klingt gut. Einen Sonnenschirm kann und wollte ich nicht aufstellen: Durch Windböen könnte der direkt auf die Beute oder vor das Flugloch fallen und direkt neben der Beute – denn so groß ist ein Sonnenschirmschatten (im Folgenden kurz SoSchiScha) ja nicht wirklich – sehen sie beim Ausfliegen den Himmel nicht mehr. Vermutlich stört ein Schirm also eher.

Ich denke, ich werde mich dem Kieler Kollegen anschließen: Nichts tun. Ist einfach, spart Mühe und Material und wenn’s schiefgeht, bin ich nicht schuld.

Obwohl, es heißt ja: Wenn bei Bienen was schief geht, ist immer der Imker schuld.

Oh Mann, immer diese Entscheidungen…

Also, entscheiden. Und nur um einen Beweis erbringen zu können (Versuch macht kluch), habe mich mich zu folgender Maßnahme durchgerungen:

Christino, Projekt „Wrapped Hive (2022)“

Aus alten Stoffresten 2 Bahnen gerissen, an die Sonnenseiten gehängt, nicht ganz bis zum Boden und ein gutes Stück über dem Flugloch, beschwert mit dem ohnehin obenauf liegenden Stein. Sieht doch cool aus, oder? Ihr dürft mich jetzt Christino nennen, Projekt „Wrapped Hive (2022)“. Ich hätte es auch „Burka Bees“ oder „Niqab Hive“ nennen können, aber die meisten wissen ja, wie ich dazu stehe…

Und siehe da, surprise surprise, die Wirkung blieb nicht aus:

Nachdem die Tage zuvor mit 30 und 33 Grad schon vergleichbar „warm“ waren, stieg die Innentemperatur nach dem Abdecken bei gleicher oder gar höheren Außentemperaturen nicht so stark an. Der Abstand zwischen innen und außen ist geringer und bleibt selbst bei den heutigen knapp 38 Grad im Schatten deutlich unter 40 Grad Celsius!

ok, es könnte auch sein, dass sie sich in den paar Tagen einfach nur daran erinnert haben, wie sie die Innentemperatur mit Fächeln und Verdunstungskälte herunterbringen. Wäre aber schon ein ziemlich komischer Zufall.

Also Mädels: Einfach mal Danke sagen, gesund und friedlich bleiben, mich nicht stechen und fleißig weitersammeln.

2021-04-24 Captain Spock und NWT für Imker

Natur mit Wissenschaft und Technik vereinen – geht das? Naja, hundertprozentig sicher bin ich mir nicht, dass die Damen sich durch die installierte Elektronik nicht gestört fühlen. Aber nachdem die Datenübertragung nur auf Abruf erfolgt und das lediglich kurze Distanzen und Funk-Reichweiten zum Smartphone überbrücken muss, gehe ich mal das Risiko ein. Zumindest konnte ich bis heute anlässlich Schwarmkontrolle (Kippmethode ab sofort im 8-9-Tage-Rhythmus) bislang noch kein besonders gestörtes Verhalten oder Irritationen feststellen und die zu gewinnenden Erkenntnisse sind es meines Erachtens wert.

Luftfeuchtigkeit & Innentemperatur:

Frequenz & Amplitude:

Relevant sind nur die Bereiche ab 20.04.2021, vorheriges diente zum Test vor Versand.

Das alles von diesem kleinen 70x60x8mm-Herzchen:

Faszinierend, oder?

2017-01-01 Ferndiagnose

Wenn ich nur nicht so neugierig wäre. Nur mal kurz nachschauen, ob alles in Ordnung ist? Ob sie noch leben? Wieviele noch da sind oder ob alle erfroren auf dem Gitterboden liegen?

Aber nein. Keine Angst. Ich halte mich zurück und lasse sie in Ruhe. Ist mir zu gefährlich, dass sie einen Kälteschock bekommen und die ganze Kuscheligkeit auf einen Schlag verloren geht. Außerdem ist es mir heute zu kalt und unwirtlich da draußen. Da schnapp ich mir lieber mein Fernglas werfe damit einen Blick in Richtung Beute. Immerhin zeigt das nur oben zwischen Blech- und Holzdeckel lose eingelegte Thermometer mit 4,4 Grad rund 6 Grad Differenz zur aktuellen Außentemperatur von -2,0 Grad.

Hoffentlich denkt der Nachbar nicht, ich spioniere durch seine Fenster. Frohes neues Jahr! Brrr…

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2016-09-01 Abends werden faule Leute fleißig…

Kurze Vorgeschichte, muss sein: Es wird bekanntermaßen empfohlen, im September (zusätzlich zur ersten im August mit anschließender Fütterung) nochmals eine zweite Varroa-Behandlung durchzuführen, um einen zwischenzeitlichen erneuten Milben-Befall noch rechtzeitig vor den kälteren Tagen zu kurieren. Es gibt dann zwar noch später im Jahr die Möglichkeit mit dem Besprühen mit Milchsäure, aber da aktuell schönes Wetter mit angenehmen (Verdungstungs-)Temperaturen herrscht, lasse ich mir diese Chance natürlich nicht entgehen.

Gestern Abend, bei letzter Dämmerung, dachte ich mir also: „Beginnst du heute noch mit der Ameisensäure, wer weiß, wie lange das Wetter hebt.“ Gesagt, getan: Zu faul zum Umziehen nach dem Motto „ist ja ein ruhiges Völkchen“, flugs den Verdunster mit Vlies und Docht gerichtet, Flasche befüllt und (nur) mit Säure-Handschuhen bewaffnet im mittlerweile Dunkeln statt Dämmrigen ran an die Beute.

Blechdeckel weg, Innendeckel weg, Folie weg… bsss.

Komisch, irgendwie unruhig heute.

Kleines Stück Schutzfolie (für unter den Verdunster, damit sie den nicht festkitten) aufgelegt… bssssss-schwirr.

Ok, Nachricht angekommen, ich beeil‘ mich.

Verdunster aufgesetzt, dabei vorsichtig ein paar Schlafmützen weggeschoben, um sie nicht zu zerquetschen… bsssssssssssSSSSSS-schwirrrrrrrrrrrr.

Flüchten, durchatmen, überlegen: „Weitermachen? Abbrechen? Umziehen? Rauch?“

Ach komm, ist nicht mehr viel, nur noch… bssssssssssssSSSSSSSSS-schwirrrrrrrrrRRRRRRRRR.

Flucht!

Jetzt aber zackig, Futterzarge aufsetzen – SSSSSSSSSS-RRRRRRRRRRR – Flucht.

Folie aufsetzen – Flucht.

Innendeckel drauf  – Flucht.

Schnauf… PAUSE!…Schnauf…

(Der aufmerksame Leser hat aufgepasst:) Und was ist mit dem Blechdeckel?

Den mach‘ ich nachher. Oder Morgen. Auf gar keinen Fall jetzt!

Fazit: Störe niemals deine schlafenden Mädels. Und sei es noch so verlockend. NIEMALS! Ich hätte es eigentlich wissen müssen: Wer spät und im Dunkeln die Tür öffnet, das Licht einschaltet und versucht, leise und still zu sein und sich heimlich hineinzuschleichen, der erlebt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sein blaues Wunder und muss damit rechnen, dass er nicht als Ehegatte und Ernährer, Papa und Familienoberhaupt (kurz: treusorgender Macho mit rückständig-klassisch-traditionellen Familienvorstellungen) erkannt sondern unmittelbar und hinterrücks angegriffen wird. Was bin ich froh, dass es keine Nudelhölzer in Bienengröße gibt…

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